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04 April 2006

Sonnenfinsternis über Mondlandschaft

Die letzte 'Sofi' im 1999 war in der Region von Basel nicht sonderlich eindrücklich. Die anstehende totale Sonnenfinsternis über Kappadokien will ich mir auf keinen Fall entgehen lassen. Zudem kommt sie mir deswegen gelegen, weil der Weg dahin über Ankara führt, wo ich meine Visas werde beantragen müssen.

Ich stelle also mein Gefaehrt in der Apotheke von Isik, welche von der betagten Katze Vicks überwacht wird, ab. Mit dem Nachtbus fahre ich nach Kappadokien in Zentralanatolien. In Göreme habe ich mıt Rod Oliver (Link), einem in Amsterdam lebenden 37-jaehrigen Neuseelaender abgemacht. Ich habe Rod über das Internet kennengelernt und seit letzten Oktober stehen wir in Kontakt. Er hat eine ganz aehnliche Route wie ich gewaehlt, wobei er nach Istanbul geflogen ist. Rod befürchtet, dass Göreme ausgebucht sein könnte. Mit Hilfe von Isik und Sezer kann ich für die Nacht vom 28.3. ein Zimmer für Rod und mir in einer netten, aber etwas überteuerten Pension buchen.

Göreme ist bekannt für die aus dem weichen Tuffstein herausgehauenen Höhlenkirchen. Die Landschaft um Göreme besteht aus zahlreichen verschlungenen und engen Taelern, die von bizarren Gesteinsformationen umgeben sind. Das 'Love Valley' etwa besteht aus riesengrossen kerzenförmigen Steinblöcken. Im weissen Gestein verstecken sich etliche Höhlenwohnungen und Kirchen. Bei Sonnenschein wandern Caoilte (ausgesprochen Kilter), ein irischer Backpacker und ich stundenlang durch diese Taeler, in denen Pappeln wachsen, Baeche Kühle spenden und die Aprikosenbaeume in voller Blüte stehen. Gegen Abend erklimmen wir dann einen beliebten Aussichtspunkt, wo uns nach dem kitschigen Sonnenuntergang ein Quartett von Italienern die 7 Km nach Göreme mitfahren laesst.

In der Zwischenzeit ist Rod in der Pension eingetroffen. Wir verstehen uns bestens und plaudern bis ein Uhr morgens über unsere bisherigen Reiseerlebnisse. Wir haben die grandiose Idee, den Sonnenaufgang zu fotografieren und stellen den Wecker auf fünf Uhr. Als wir aufwachen, bemerken wir (leider zu früh) dass es noch stockdunkel ist. Noch gut Dreiviertel Stunden haetten wir laenger schlafen können ! Was soll's, das Wetter koennte nicht besser sein. Keine Wolke in Sicht.

Rod und ich wechseln nach der ergiebigen Fotosession zunaechst zum 'Traveller', einem coolen und günstigen Dormitory in einer Tuffsteinhöhle. Caoilte stösst zu uns und wir debattieren lange, von welchem Punkt wir die Sonnenfinsternis erleben möchten. Mit Hilfe des Kompasses machen wir Südwesten aus, von wo der Mondschatten nahen wird. Schlussendlich nehmen wir ein Taxi und suchen den vom Vortag bekannten Sunset-Point aus. Dort herrscht bereits Jahrmarkt-Stimmung: Riesenplakate, Fernseh-Teams, Heissluftballone, ein Turkish-Viagra-Stand (gedoerrte Aprikosen ...). Wir begeben uns auf ein etwa dreihundert Meter höheres Plateau, das eine grandiose Vogelperspektive bietet. Etwa 80 Leute haben sich hier eingefunden. Die Stimmung ist ausgelassen. Einige hollaendische Eclipse-Chaser nehmen Messungen vor und wissen einige interessante Details zu berichten (der Kern-Schatten etwa naehert sich mit einer Geschwindigkeit von 800 Metern pro Sekunde; durchschnittlich alle eineinhalb Jahre gibt es eine Sofi). Eine Gruppe von jungen Türkinnen und Türken albert mit uns dreien lange herum.

Es wird merklich kühler und windiger (nach den Messungen der Hollaender 8 Grad kaelter). Das Licht ist einige Minuten vor der totalen Finsternis gedaempft und braeunlich. Zwei, drei Minuten vorher aendert dann die Helligkeit rasch, bis es dann etwa im Verlaufe von vier Sekunden ganz dunkel wird. Wow ! Endlich kann der Lichtring um die Sonne, die Corona, ohne Schutzbrille betrachtet werden. Die Schaulustigen schreien, rufen aus, singen im Chor. Ohh ! Ahhh ! Eine unwirkliche Lichtstimmung. Der Horizont ist orange verfaerbt, die Lichter der umliegenden Ortschaften kontrastieren zur dunklen Landschaft, der Himmel ist dunkelblau. Der Heissluftballon unten am Sunset-Point hat es wegen des Windes nicht in die Höhe geschafft und so wird die Flamme offen brennen gelassen. Dreieinhalb Minuten Staunen, bis dann der Schatten leider viel zu schnell verschwindet und das Spektakel zu Ende ist. Noch ganz benommen laufen wir eines der lauschigen Taeler runter, wo sich uns ein israelisches Paerchen anschliesst.

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