Francesco hatte mich bereits gewarnt. Die Bulgaren haben es sich zum Volkssport gemacht, Touristen auszunehmen. Fast ueberall gelten zwei Preiskategorien: eine fuer die Einheimischen und die andere fuer uns. Trotz nahendem EU-Beitritt ist das Einkommen der Bulgaren nicht wesentlich hoeher als das der Serben. Der Durchschnittsverdienst uebersteigt vielleicht gerade mal 100 Euro. Und so muss man halt den Bulgaren gut auf die Finger schauen, das Restgeld aufmerksam zaehlen (mal ehrlich, wer tut das regelmaessig) und bei der Bezahlung im Restaurant die Quittung sorgfaeltig studieren, ob sich nicht Preise fuer nicht konsumierte Esswaren ausmachen lassen.
Beim Fruechte- und Gemuesekauf kommt es schon vor, dass der Verkaufer einfach eine Zahl nennt, ohne die Waren zu waegen. Den Vogel schiesst ein grossgewachsener Bulgare ab, der fuer eine Tomate eine Leva (etwa 75 Rappen) verlangt, und dies bei einem Kilopreis von 2.00 Leva. Auf die Waage, bitte schoen ! Aha, ploetzlich ist die Tomate nur noch 0.46 Leva wert. Immer noch eine schoene fette Tomate, aber kein Pfund schwer ! Ohne die Farbe der soeben erstandenen Frucht anzunehmen wiederholt er flugs das gleiche Spiel mit Walnuessen. Unglaublich.
Nach Sofia erwartet mich nasskalter Schneeregen. Ich denke mir, das wird schon aufhoeren und warte noch zu, die Regenhosen anzuziehen. Und so treffe ich in Dupnica voellig durchnaesst ein. In Sandanski warnen mich die Taxifahrer vor den Hotelpreisen. Ich gebe mich hartnaeckig und nach einigem Nachfragen gewahrt mir der Besitzer einen kraeftigen Preisabschlag und ich habe fuer 10 Euro ein sauberes Zimmer.
Die bulgarische Kueche erweist sich nach der fleischdominierten serbischen Gastronomie als Wohltat. Sooft es geht, suche ich eine MEXAHA (Gaststaette) auf und geniesse einen leckeren Schopska-Salat (Gurken, Tomaten, Zwiebeln und Schafskaese) und lasse mir Kavarma (geschmorte Fleischstueckchen mit Leber, Pilzen, Kartoffeln, Zwiebeln und Kaese im Tontopf) auftischen. Fuer umgerechnet 7-8 Franken kann man sich den Bauch vollschlagen.
Vom Regen habe ich langsam die Nase voll. Etwas vorschnell verlasse ich bereits wieder Bulgarien. Auf trockeneres Wetter hoffend peile ich nun die griechische Kueste an.
19 März 2006
Wo Tomaten ein Pfund wiegen
Posted by
Maurizio
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12:44